Hallo liebe Niesnutzys!

Im ersten Video zu den Kennlinien von Schmelzsicherungen ging es um die markanten Punkte.

Hier der Link zum ersten Video.

In diesem Video hier erfährst Du, wie man mit diesen Kennlinien arbeitet, wie man sie also abliest.

Viele Grüße aus Aachen,
Andreas

Lehrvideo zu Schmelzsicherungen: Kennlinien richtig ablesen

Text des Videos (bearbeiteter Untertitel)

Hallo lieber Niesnutzer!

wie im letzten Video versprochen, erfährst Du von mir jetzt noch, wie Du diese Kennlinien hier richtig abliest. Auch hier war der gemeinnützige Verein NH-HH-Recycling wieder so freundlich, mich zu unterstützen.

Also, ich starte direkt mit einem Beispiel: Sagen wir, es fließt ein Strom von 30A. Die Frage ist: Wann löst die Sicherung aus? Hier würd‘ ich Dich jetzt direkt am Angang mal einladen, kurz auf Pause zu drücken und selbst zu überlegen. Ich wiederhole die Frage: Wenn der Strom im Stromkreis der Sicherung 30A ist, wie lange würde die Sicherung dann zum Abschalten benötigen?

OK, wir gehen Schritt für Schritt. Wo ist der Strom von 30A in diesem Diagramm? Als erstes fällt schon mal auf, dass, anders als bei Leitungsschutzschalter, die x-Achse sich nicht auf den n-fachen Strom bezieht, sondern direkt auf den Strom. Wenn Dir der Unterschied gar nicht aufgefallen ist, kein Problem. Das macht es nämlich eigentlich einfacher für uns, weil wir hier nix umrechnen brauchen. Wir müssen einfach die 30 suchen. 10 hoch 1 ist 10 und 10 hoch 2 sind 100. Dann ist also hier 10 und da 100. Bei manchen Diagrammen steht da auch einfach direkt 10 oder 100. Aber ich hab hier mal eins mit den Hochzahlen genommen – zum Üben. Jeder Strich zwischen 10 und 100 steht jetzt für 10. Kurz prüfen, ob das stimmt: 10, 20, 20, … 100. Scheint zu stimmen. Die 30 ist also – 10, 20, 30 – hier. Da denken – oder zeichnen – wir uns jetzt einen senkrechten Strich ins Diagramm. So.

Jetzt sind die beiden Schnittpunkte dieses Striches mit der Kennlinie wichtig. Also hier … und hier. Von da aus müssen wir rüber zur y-Achse. So ungefähr. Und dann ablesen. Mal schauen, welche Zahl können wir in diesen roten Kreis schreiben? Hier ist 10 hoch 1, da 10 hoch 2 – also 10 und 100. Dazwischen müsste also wieder jeder Strich für 10 mehr stehen. 10, 20, 30 … 100. Ja, stimmt. Und unser Pfeil endet hier bei 10, 20 … ja, ungefähr 30, aber knapp darunter. Ich hab natürlich jetzt Euch gegenüber einen kleinen Vorteil, denn ich hab vorher schon mal reingezoomt in die Grafik. Meine Ablesung wäre bei 29. Erfahrungsgemäß wird das aber in der Prüfung nicht sooo genau bewertet, denn die Prüfer wissen ja auch, dass man das gar nicht so genau ablesen kann und dass man es auch nicht so ultra genau braucht. Also: 29 Sekunden. Was heißt das jetzt? Die Schmelzsicherung würde bei einem Strom von 30A nach dieser Kennlinie frühestens nach 29s abschalten. Nicht vorher, aber vielleicht etwas später, je nach Bauteiltoleranz und so.

Jetzt zum zweiten Schnittpunkt. Hier oben. Da ist das Ablesen noch etwas schwieriger, aber kriegen wir schon hin. Hier haben wir die 10 hoch 2, also 100 und da oben die 10 hoch 3, also 1000. Insgesamt wieder 1, 2, 3 … 10 Striche, das heißt, zwischen 100 und 1000 steht dann jeder Strich für 100. Angefangen bei 100 wären das dann 200, 300, … ungefähr 600. Man sieht, der Strich ist sogar leicht oberhalb der 600. Mit Hereinzoomen abgelesen komme ich da auf 620. Wenn Ihr 610 oder so gesagt hätte, wäre aber auch gut genug, denke ich. Also: 620 Sekunden. Das sind übrigens 10 Minuten und 20 Sekunden. Und das bedeutet? Richtig: Wenn es nach dieser Kennlinie geht, löst die Sicherung spätestens nach 10 Minuten und 20 Sekunden aus. Vielleicht schon etwas vorher, vielleicht aber auch erst genau dann.

Insgesamt kann man also festhalten: Bei 30 A löst die Schmelzsicherung frühestens nach 29 s und spätestens nach 620 s (10 min 20 s) aus. Das würde ich an Deiner Stelle auch in einer Prüfung einfach mal so als Antwortsatz hinschreiben.

Übrigens eine interessante Fragestellung in diesem Zusammenhang – gerade mit Bezug auf die Praxis – ist eigentlich oft: Hält die Sicherung? Wenn man zum Beispiel ein Gerät hat, das einen höheren Einschaltstrom hat im Vergleich zum Betriebsstrom. Sagen wir 10 A Betriebsstrom, also für die Sicherung völlig in Ordnung, wenn es alleine im Stromkreis ist. Und dann vielleicht den 3-fachen Einschaltstrom. Der dürfte also höchstens 29s andauern, wenn man sicher sein möchte, dass die Sicherung hält. Das sollte allermeistens der Fall sein; so lange dauert der Einschaltstrom bei den meisten Geräten nicht. Und so kann man das für jeden Einschaltstrom feststellen – dann ist nur der untere Schnittpunkt wichtig. Motoren z.B. haben schon mal gerne die 7-fachen Einschaltströme. Bei 10A also 70A Einschaltstrom. Da lande ich bei einer Sicherung mit diesem Diagramm also so knapp über 0,2s – also 200ms. Der hohe Einschaltstrom müsste dann also so schnell abgeklungen sein. Falls nicht: Dann wäre eine Sicherung mit einem anderen Strom oder einer anderen Betriebsklasse erforderlich. Das erkläre ich aber ein anderes Mal, das würd hier das Video sprengen.

Jetzt weißt Du auf jeden Fall, wie man mit diesen Kennlinien vom Strom auf die Abschaltzeit schließt. Umgekehrt geht aber auch: Man möchte für eine bestimmte Abschaltzeit die möglichen Ströme wissen. Wenn Du noch kannst, dann zeige ich Dir das auch noch. Falls nicht könntest Du ja kurz Pause drücken, durchatmen und das erstmal sacken lassen und dann später weiter gucken.

Ich erkläre in diesem Video noch, wie man das abliest und dann habe ich noch eine Frage zum Thema Selektivität an Dich.

Also: Wir schließen von der Zeit auf den Strom. Mit der Kennlinie. Nehmen wir mal eine Zeit von 2 Sekunden. 10 hoch 0 gleich 1, 10 hoch 1 gleich 10. Dazwischen sind 1-er-Schritte. Also 1 … 2. Hier ist die 2. Von da ziehen wir einen waagrechten Strich ins Diagramm. Und auch der hat zwei Schnittpunkte mit der Kennlinie. Eins; zwei. Von denen aus müssen wir jetzt jeweils nach unten, um das ablesen zu können. Links … treffen wir hier die x-Achse. Da war ja die 30 … also ist hier die 40 und hier die 50. Wir liegen also zwischen 40 und 50. Etwas links von der Mitte. Ich hatte mir vorher schon die Mühe gemacht, es genau abzulesen und bin auf 43A gekommen. 44 oder 45 könnte man nach meinem Geschmack auch noch gelten lassen. Warum das hier gestrichelt ist, da komme ich gleich nochmal zu

Zuerst noch hier den rechten Schnittpunkt betrachten: Der liegt genau auf diesem Strich vom Koordinatensystem hier. Also 30, 40, 50 .. 70A. Und was heißt das jetzt? Ganz einfach: Eine Abschaltzeit von 2 Sekunden erreicht man frühestens, wenn 43A fließen und spätestens, wenn 70A fließen. Wenn man also sicher sein möchte, dass es höchstens 2 s dauert, muss die Stromstärke 70A betragen. Falls man aber wissen möchte, wie groß der Strom sein darf, damit die Sicherung mindestens 2 Sekunden hält: Der Wert, muss kleiner als 43A sein.

In einem meiner nächsten Videos geht es, wie schon erwähnt um Selektivität von Schmelzsicherungen. Das Thema ist ziemlich einfach, aber der Teufel liegt – wie so oft – im Detail. Deshalb wette ich auch, dass Du in dem Video noch was Neues erfahren wirst. Vorab würde ich gern‘ einmal testen, wo ich mit dem Erklären anfangen muss und wie stark sich das ungesunde Halbwissen schon verbreitet hat. Kannst Du mir sagen, wann Schmelzsicherungen selektiv sind? Schreib mir es bitte unten in die Kommentare oder schreib mir eine Nachricht über das Kontaktformular auf sprich-über-Technik.de. Keine Angst, ich möchte damit niemanden bloßstellen, ich will nur das nächste Video damit besser machen. Ich frag‘ mal ganz konkret: 35A und 50A. Sind die selektiv? Und was wäre mit 16A und 25A? Verhalten die sich selektiv zueinander? Schreib‘ es mir unten in die Kommentare, ich freu‘ mich, von Dir zu lesen.

Soo, das war’s schon wieder von mir. Zum Schluss bleibt mir wieder der Dank an den gemeinnützigen Verein NH-HH-Recycling. Bei denen kann man an bestimmten Annahmestellen kostenlos alte NH- und HH-Sicherungen abgeben. Der Verein gewinnt dann daraus die wertvollen Rohstoffe wie z.B. Silber und Kupfer zurück. Das finde ich super, weil es nachhaltig ist – oder anders gesagt, die einfach in den normalen Müll zu werfen, wäre Verschwendung. Mit dem Geld aus dem Verkauf der Rohstoffe fördert der NH-HH-Recycling übrigens Forschung und Bildung – zum Glück auch dieses Beispiel Video hier. Wenn Du wissen willst, was sonst noch so gefördert wird, check doch mal die Webseite: www.nh-hh-recycling.de. Psssst: Da gibt’s übrigens auch eine kostenfreie Formelsammlung unter Förderungen->kostenfreieLiteratur->FormelsammlungElektrotechnik.

OK, lieber Niesnutzer, das war’s jetzt wirklich von mir für heute. Ich freu‘ mich, dass Du wieder dabei warst und verabschiede mich. Tschüss, bis nächstes Mal!